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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2009
Aktenzeichen: 1 Bs 208/08
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 33 Abs. 2 |
Beinhaltet eine Anlassbeurteilung eine Leistungsnote und eine Potenzialeinschätzung, so sind bei Beförderungen in der Regel beide Elemente in der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dabei darf der Dienstherr die Beurteilungsmerkmale nach den Anforderungen der Beförderungsstelle gewichten und nur die für diese wesentlichen Merkmale der Potenzialbeurteilung in die Bestenauslese einstellen.
Werden mehrere Beförderungsstellen gemeinsam ausgeschrieben, kann die Auswahl unter den Bewerbern für einen Teil der Stellen ausschließlich aufgrund der Beurteilungen, für einen anderen Teil nach weiteren Auswahlgesprächen erfolgen. Welche Stellen auf welcher Entscheidungsgrundlage besetzt werden, entscheidet der Dienstherr nach seinem auf sachliche Gründe zu stützenden Ermessen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und Schulz sowie die Richterin Walter am 3. Februar 2009 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2008 geändert.
Der Antragsgegnerin wird im Hinblick auf das Auswahlverfahren zu der Kennziffer 28/192/07 im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, vor Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer neuen Auswahlentscheidung an den Antragsteller die Beigeladenen zu 29 bis 43 oder einen anderen der nicht ausgewählten Bewerber zu befördern.
Für das Beschwerdeverfahren tragen die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen zu 38, 40 und 41 die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers als Gesamtschuldner. Im Übrigen tragen die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens selbst.
Von den Kosten des Verfahrens in erster Instanz trägt die Antragsgegnerin 27%, der Antragsteller 73%. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 11.900,65 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und die Beigeladenen sind Konkurrenten um ursprünglich 60 Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 12 bei der Schutzpolizei. Die Stellen wurden Ende August 2007 von der Polizeiverwaltung unter der Kennziffer 28/192/07 ausgeschrieben. Über die Bewerber wurden aufgrund der am 11. September 2007 in Kraft getretenen neuen Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst jeweils Anlassbeurteilungen erstellt. Die Auswahlkommission entschied nach Aktenlage, die Beigeladenen dem Antragsteller vorzuziehen und den Antragsteller nicht zur Beförderung vorzuschlagen. Der Antragsteller hat gegen die Auswahlentscheidung Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht im Wege des Eilrechtsschutzes die Sicherung seines Bewerberverfahrensanspruches begehrt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2008 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladenen zu 38, 40 und 41 auf je eine der ausgeschriebenen Stellen zu befördern und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht u. a. ausgeführt, die der Bewerberauswahl zugrundeliegenden Anlassbeurteilungen hätten mit Ausnahme der Beurteilungen für die Beigeladenen zu 38, 40 und 41 einen hinreichenden Zeitraum erfasst. Dies gelte auch für die Anlassbeurteilung des Antragstellers. Die Herabstufung des Punktwertes der Leistungsbeurteilung des Antragstellers nach Durchführung der Maßstabskonferenz sei nicht zu beanstanden. Denn ausweislich der Angaben des Zweitbeurteilers habe sich dieser nicht an die Vorgaben der Maßstabskonferenz zur Leistungsnote des Antragstellers gehalten, sondern gemeinsam mit dem Erstbeurteiler den Wert der Leistungsbeurteilung mit 3,28 Punkten festgesetzt. Damit hätten sich etwaige Fehler, die im Rahmen der Maßstabskonferenz entstanden seien, auf die konkrete Beurteilung des Antragstellers nicht ausgewirkt.
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts haben der Antragsteller, die Antragsgegnerin sowie die Beigeladenen zu 38, 40 und 41 Beschwerde erhoben. Der Antragsteller hat seine Beschwerde beschränkt. Er greift die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nur insofern an, als das Verwaltungsgericht die Beigeladenen zu 29 bis 43 nicht in die erlassene einstweilige Anordnung einbezogen hat.
II.
Von den zulässigen Beschwerden hat nur die des Antragstellers aus den von ihm dargelegten Gründen Erfolg. Zwar ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin Beförderungsstellen, die sie in einer Ausschreibung zusammengefasst hat, sämtlich oder auch nur zum Teil ausschließlich aufgrund der Beurteilungen der Bewerber und teilweise unter zusätzlicher Berücksichtigung von Auswahlgesprächen besetzen will (1). Auch wendet der Antragsteller im Ergebnis ohne Erfolg ein, dass seine Leistungsbeurteilung rechtswidrig durch die Maßstabskonferenz beeinflusst worden sei (2). Mit Recht macht der Antragsteller allerdings geltend, dass bei der Auswahl die Potenzialeinschätzungen der Beurteilungen zu Unrecht von der Antragsgegnerin nur unvollständig berücksichtigt worden seien (3). Angesichts dessen ist das gesamte Auswahlverfahren fehlerhaft. Daher können die Beschwerden der Beigeladenen zu 30, 40, 41 und der Antragsgegnerin keinen Erfolg haben (4).
1. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin die Auswahl zwischen den Bewerbern für eine ausgeschriebene Beförderungsstelle allein aufgrund der hierfür eingeholten Bedarfsbeurteilungen durchführt. Denn es steht im Ermessen der Antragsgegnerin, ob sie ihren Auswahlentscheidungen ausschließlich hinreichend aussagekräftige Beurteilungen zugrunde legt oder darüber hinaus noch weitere Hilfsmittel für die Auswahl von im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern z.B. in Form von Auswahlgesprächen einsetzt. Denn auch wenn Bewerber wegen der notwendigen, systembedingten Unschärfe von der Antragsgegnerin als im Wesentlichen gleich beurteilt werden, bedeutet das nicht, dass die Antragsgegnerin in diesen Fällen aus Rechtsgründen gehalten ist, neben den aktuellen Beurteilungen weitere Hilfsmittel für die Auswahl heranzuziehen. Dies gilt jedenfalls solange, als die aktuellen Beurteilungen sich nicht als völlig gleich darstellen. Insbesondere bei großen Personalkörpern ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass Beurteilungen bei einer Gesamtbetrachtung nur geringe Unterschiede aufweisen. Die Antragsgegnerin muss dann ihre Entscheidungsgrundlagen nicht durch Auswahlgespräche erweitern. Denn auch Auswahlgespräche liefern wegen des notwendig auf eine Momentaufnahme begrenzten Eindrucks nur eingeschränkte und mit erheblichen Unsicherheiten behaftete zusätzliche Erkenntnisse zu Leistungsvermögen und Befähigung der Bewerber. Angesichts dieses beschränkten zusätzlichen Erkenntniswerts einerseits sowie des notwendigerweise erheblichen Aufwandes, der mit der ordnungsgemäßen Durchführung von Auswahlgesprächen verbunden ist, handelt die Antragsgegnerin nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie bei der Auswahl für Beförderungsdienstposten ausschließlich auf die für die Auswahl erstellten, hinreichend aussagekräftigen Anlassbeurteilungen zurückgreift. Diese Beurteilungen liefern in aller Regel ein verlässliches Bild über Leistungsvermögen und Befähigung der Bewerber und damit eine Differenzierungsmöglichkeit auch dann, wenn die Beurteilungen hinsichtlich der Gesamtergebnisse nahe beieinander liegen. Darüber hinaus bleibt es der Antragsgegnerin bei gleichen Leistung- und Befähigung unbenommen, auf frühere Beurteilungen zurückzugreifen und diese für ihre Auswahlentscheidungen fruchtbar zu machen.
Ist die Antragsgegnerin mithin nicht gehindert, bei der Ausschreibung einer einzigen Beförderungsstelle die Auswahlentscheidung ausschließlich aufgrund der Beurteilungen der Bewerber durchzuführen, wird diese Möglichkeit nicht dadurch eingeschränkt, dass sie mehrere Stellen, oder wie hier, eine Vielzahl von Beförderungsstellen gemeinsam zur Besetzung ausschreibt. Rechtlich stellt es keinen Unterschied dar, ob Bewerbungen für eine größere Zahl von Stellen gebündelt werden oder jede dieser Stellen einzeln ausgeschrieben wird. Damit liegt es auch im Ermessen der Antragsgegnerin, für welche der ausgeschriebenen Stellen die Auswahl ausschließlich aufgrund der Beurteilungen der Bewerber erfolgen soll und für welche sie darüber hinaus auf ergänzende Auswahlgespräche oder sonstige Erkenntnisse zurückgreift. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen auf sachliche Gründe stützt. Hierzu zählen u. a. auch Gründe der Handhabbarkeit von Auswahlgesprächen und das Niveau des Bewerberfeldes.
Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Verfahren die Auswahl nach Aktenlage auf diejenigen Bewerber beschränkt, deren Anlassbeurteilungen hinsichtlich der Leistungen einen Wert von 3,40 Punkten erreichen, und zur Begründung darauf abgestellt, dass "der Wert von 3,40 Punkten im neuen Beurteilungssystem sowie auch im Bewerberfeld eine deutlich herausgehobene Leistung widerspiegelt." Diese Einschätzung geht im Bezug auf das Bewerberfeld, das der Note 3,40 den Leistungsrang 40, der nächst schlechteren den Leistungsrang 51 einräumt, nicht von falschen tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen aus. Zweifelhaft erscheint es aber, ob die Leistungsnote 3,40 im neuen Beurteilungssystem "eine deutlich herausgehobene Leistung" darstellt, wie die Antragsgegnerin in ihrem Auswahlvermerk vom 13.2.2008 angenommen zu haben scheint. Denn Abs. 5 der Ziffer 10.1 der Beurteilungsrichtlinie sieht den Notenbereich von 2,30 bis 3,69 als "Normal-/Durchschnittsbereich" an, und führt für die so beurteilten Mitarbeiter aus, "d.h. dass diese die Anforderungen am Arbeitsplatz im vollen Umfang erfüllen, ...". Der "sog Besser- oder Gutbereich" wird von der Beurteilungsrichtlinie bei den Endnoten zwischen 3,70 und 4,29 Punkten und damit nicht schon ab 3,40 Punkten angesiedelt.
Als Konsequenz aus einer rechtmäßig möglichen Auswahl von Bewerbern allein aufgrund ihrer Beurteilung stehen diese Bewerber für die weitere Auswahl dann nicht mehr zur Verfügung. Dies gilt auch für das Auswahlverfahren der weiteren zu besetzenden Stellen, wenn mit einer Ausschreibung gleichzeitig mehrere Beförderungsstellen ausgeschrieben worden sind. Denn die bereits rechtmäßig ausgewählten Bewerber können nicht auf zwei Stellen gleichzeitig befördert werden.
Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass alle mit ihm wesentlich gleich beurteilten Bewerber in das Auswahlgespräch hätten einbezogen werden müssen. Soweit sie wegen rechtmäßiger vorheriger Auswahl auf einer der Beförderungsstellen für die weitere Auswahl nicht mehr zur Verfügung stehen, braucht die Antragsgegnerin sie für die Auswahl zwischen den Bewerbern für jene Stellen, für die sie noch keine Auswahl getroffen hat, nicht in die Auswahlgespräche einzubeziehen. Insofern ist die Problematik nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen ein zwar schlechter, aber im wesentlich gleich beurteilten Bewerber in ein Auswahlgespräch einzubeziehen ist, weil er im Auswahlgespräch die Chance hat, besser beurteilte Bewerber zu "überholen".
2. Im Ergebnis zu Unrecht rügt der Antragsteller, dass die ihn betreffende Anlassbeurteilung fehlerhaft sei, weil sie durch die Beurteilerkonferenz in rechtswidriger Weise maßgeblich beeinflusst worden sei.
Wie der Senat im Beschluss vom 15. Dezember 2008 (OVG Hamburg, 1 Bs 186/08) ausgeführt hat, muss das von der Antragsgegnerin ausgewählte Personalbeurteilungssystem (Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungsrichtlinie- ) von der Antragsgegnerin gleichmäßig auf alle Beamten angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können. Denn die wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten zu gelangen und die Vergleichbarkeit der beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteilungsmaßstäbe müssen gleich sein und gleich angewandt werden. Um dies zu ermöglichen ist nicht nur die Festlegung auf abstrakte Kriterien der Beurteilung erforderlich, sondern ist es auch zulässig, dass diese abstrakten Kriterien durch Beurteilerkonferenzen anhand von aktuellen Bewertungen und Beurteilungen konkreter Beamter auf ihre Auswirkungen betrachtet werden. Bei einer großen Anzahl von Beurteilungen für Beamte derselben Besoldungsgruppe können dabei auch Erwägungen in den Blick genommen werden, die einer Nivellierungstendenz der Beurteilungen entgegen wirken und für eine hinreichende Spreizung der Beurteilungsergebnisse sorgen sollen. Nicht zulässig ist dagegen eine Festlegung der konkreten Beurteilung durch die Beurteilerkonferenz selbst.
Auf ein derartiges - unzulässiges - Verfahren deuten die Angaben des vom Verwaltungsgericht gehörten Zeugen ebenso hin wie Ziffer 5 des "Leitfadens zur Durchführung von Maßstabskonferenzen" der Antragsgegnerin vom 14. Juni 2007. Wenn dort niedergelegt wird, "Der Erstbeurteiler teilt seinem Mitarbeiter/seinen Mitarbeitern das jeweils sie betreffende Ergebnis der Maßstabskonferenz mit. Idealerweise nutzt der Erstbeurteiler hierzu das (einmal jährlich zu führende) Leistungs- und Potenzialgespräch.", so lässt sich dies schwerlich anders verstehen, als es nach den Angaben des Zeugen .......... offensichtlich tatsächlich gehandhabt worden ist: In der Maßstabskonferenz der Beurteiler wurden die Ergebnisse konkreter Beurteilungen miteinander verglichen und sodann festgelegt, welche Endnoten jeweils in den konkreten Einzelfällen erteilt werden sollten. Ein solches Verfahren ist, worauf der Antragsteller mit Recht hinweist, rechtlich deshalb unzulässig, weil damit die höchstpersönliche Bewertung der Leistung- und Befähigung durch die Beurteiler in unzulässiger Weise ersetzt wird durch eine Entscheidung der Maßstabskonferenz. Dadurch wirken solche Personen an der Beurteilung mit, die zur Beurteilung nicht berufen sind und auch nicht über die erforderlichen Kenntnisse über den zu Beurteilenden und seine Leistung und Befähigung verfügen. Die Verantwortung für die Richtigkeit und Maßstabsgerechtigkeit der konkreten Beurteilung obliegt ausschließlich den beiden Beurteilern. Von ihnen subjektiv empfundene oder auch für sie objektiv vorhandene Vorgaben für die Note einer konkreten Beurteilung führen zu einem Beurteilungsfehler (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 29.5.2008, 1 Bs 79/08).
Rechtlich allerdings nicht zu beanstanden ist es, wenn der Beurteiler aufgrund der durch die Maßstabskonferenz gewonnenen Erkenntnisse seine Beurteilung überdenkt und die Bewertungen der von ihm zu beurteilenden Beamten seinerseits dem in der Maßstabskonferenz entwickelten Bewertungsgefüge anpasst. Vorgaben für Bewertungen im Einzelfall bleiben damit aber ebenso unzulässig wie Vorgaben zur strikten Einhaltung von Richtwerten für die Vergabe von Leistungsnoten oder Befähigungsbeurteilungen. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn die Beurteiler eine hinreichend große Anzahl von Beamten einer Besoldungsstufe gleichzeitig zu beurteilen haben und dann Richtwerte (z.B. gemäß § 41 a der Bundeslaufbahnverordnung) beachten können, ohne die individuell gebotene Einschätzung im Leistungsgefüge zu verändern. Nicht zulässig bleibt es aber, konkrete Beurteilungen deshalb zu verändern, weil anderenfalls die vorgegebenen auf eine größere Zahl der Beurteilten bezogenen Richtwerte von den Beurteilern nicht eingehalten werden. Ob die von der Antragsgegnerin in Ziff. 10.1 der Beurteilungsrichtlinie zur Maßstabswahrung bei der Leistungsbeurteilung vorgegebenen Richtwerte (Gauß`sche Normalverteilung) insbesondere angesichts der undifferenzierten Zusammenfassung der Noten für den Normal-/Durchschnittsbereich (Endnote 2,30 - 3,69), die auf 68,26 % der Mitarbeiter zutreffen sollen, einer rechtlichen Prüfung standhalten, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn derartige Richtwerte haben vorliegend nicht dazu geführt, dass Bewerber mit Noten im "Normal-/Durchschnittsbereich" von einer erfolgreichen Bewerbung um eine Beförderungsstelle ausgeschlossen waren.
Mit der Beschwerde wird nachvollziehbar gerügt, dass die ursprünglich von seinen Beurteilern vorgesehene Leistungsnote zunächst durch die Maßstabskonferenz deutlich herabgesetzt worden sei. Auch ist mit dem Antragsteller davon auszugehen, dass ein solches Vorgehen mit den oben beschriebenen rechtlichen Maßstäben kollidiert. Mit dem Verwaltungsgericht ist allerdings auch festzustellen, dass sich dieses im Ergebnis nicht ausgewirkt hat. Denn nach den insoweit unwidersprochenen Angaben seiner Beurteiler sind sie den Vorgaben der Maßstabskonferenz hinsichtlich der Leistungsnote des Antragstellers nicht gefolgt, sondern haben die Note nach ihrer individuell konkreten Einschätzung bemessen. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich die Beurteiler dabei von den in der Maßstabskonferenz erfahrenen strengeren Maßstäben haben beeinflussen lassen und die ursprünglich vorgesehene Note zu Ungunsten des Antragstellers geändert haben. Es ergeben sich aus ihren Angaben keine Anhaltspunkte dafür, dass sie sich dabei von den im Laufe der Maßstabskonferenz möglicherweise erfahrenen unsachlichen Erwägungen zu Lasten des Antragstellers haben leiten lassen.
3. Mit Recht macht der Antragsteller allerdings geltend, dass die Antragsgegnerin bei der Auswahl der Bewerber die Anlassbeurteilungen insoweit nur unvollständig berücksichtigt hat, als sie den Potenzialeinschätzungen der Bewerber kaum Gewicht beigemessen hat. Aus der Auswahlmatrix der Antragsgegnerin ergibt sich nämlich, dass die Bewerber nach der Leistungsnote (Leistungsrang) gereiht worden sind, innerhalb einer identischen Leistungsnote nach dem Potenzialrang. Hinsichtlich der Bewerber mit unterschiedlichen Leistungsnoten hatten mithin Unterschiede in den Potenzialeinschätzungen keinerlei Auswirkungen auf die Rangfolge, nach der die Antragsgegnerin die Bewerber ausgewählt hat. Auch wenn sich die Frage, in welchem Verhältnis die Leistungs- und Potenzialbeurteilung bei der Bewerberauswahl gewichtet werden soll, im Rahmen des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin bewegt, muss sie doch beide Teile der Anlassbeurteilungen, nämlich sowohl die Leistungsbeurteilung als auch die Potenzialbewertung, in ihrer Auswahlerwägung in messbarer Weise einbeziehen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 15.7.2008, 1 Bs 54/08). Denn die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf sich nicht nur auf die Leistungskomponente der Beurteilungen beschränken, sondern muss ebenfalls Eignung und Befähigung in die Erwägung einbeziehen (OVG Münster, Beschl. v. 23.6.2004, IöD 2005, 62). Die Eignung der Bewerber hat die Antragsgegnerin mit der Prüfung berücksichtigt, ob sie den Anforderungen an das Amt durch hinreichende Erfahrung auf dem Dienstposten genügen. Die Einschätzung der Befähigung für die zu besetzenden Stellen war durch die gemäß Ziff. 9 der Beurteilungsrichtlinie in den Beurteilungen erfolgten Potenzialeinschätzungen vorbereitet. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 15. Juli 2008 ausgeführt hat (OVG Hamburg, 1 Bs 54/08), ist es nicht zu beanstanden, dass nur diejenigen Kriterien der Potenzialeinschätzung der Bewerber in die Auswahlentscheidung mit einfließen, die für den ausgeschriebenen Dienstposten nach seiner Funktion im Rahmen des Anforderungsprofils von besonderer Bedeutung sind. Die so eingeschränkt betrachteten Befähigungsbeurteilungen der Bewerber dann allerdings im Verhältnis zu den Leistungsbeurteilungen nahezu vollständig zurückzustellen und in die Auswahlentscheidung nur als Hilfskriterium bei gleicher Leistung einzubeziehen, genügt nicht der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bestenauslese. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - für einen nicht geringen Teil der Bewerber erhebliche Differenzen zwischen den Leistungs- und Potenzialbeurteilungen zu erkennen sind. So weist die Auswahlmatrix der Antragsgegnerin z. B. hinsichtlich der Beigeladenen zu 6, und 7, einen Leistungsrang von 9, aber einen Potenzialrang von 45, hinsichtlich der Beigeladenen zu 19 und 20 einen Leistungsrang 23, aber einen Potenzialrang von 66 aus. Umgekehrt ist bei dem nicht ausgewählten Bewerbern .......... der 57. Leistungsrang, aber gleichzeitig der 6. Potenzialrang vermerkt. Bei dem Beigeladenen zu 56 findet sich ein Leistungsrang von 76 und ein Potenzialrang von 6. Auch für den Antragsteller ist eine signifikante Differenz zwischen der Leistungsbeurteilung (Rang 68) und der Potenzialeinschätzung (Rang 23) festzustellen, die bei Berücksichtigung der Potenzialeinschätzung für die Reihung der Bewerber nach dem Ergebnis ihrer gesamten Beurteilung zu einem deutlich besseren Rang hätte führen können.
Nach welcher Methode die Antragsgegnerin die Berücksichtigung der in den Anlassbeurteilungen enthaltenen Potenzialeinschätzung neben der Leistungsnote bei der Reihung der Bewerber vornimmt, unterliegt ihrer sachlichen Beurteilung. Sie wäre nicht durch den letzten Satz von Ziff. 9 der Beurteilungsrichtlinie gehindert, bei der Rangbildung die durch Buchstaben gekennzeichneten Potenzialeinschätzungen in numerische Werte umzusetzen und diese Werte sodann mit den Leistungsnoten in ein Verhältnis zu setzen. Denn Ziff. 9 der Beurteilungsrichtlinie schreibt lediglich vor, dass bei der Potenzialaussage eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) unzulässig sei. Bei einer Umsetzung der Potenzialeinschätzungen in numerische Werte im Rahmen der Bewerberauswahl wird keine zusammenfassende Bewertung der Potenzialaussagen getroffen, sondern die für das Anforderungsprofil der konkreten Stelle maßgeblichen Potenzialkriterien werden für einen Vergleich der Bewerber untereinander und für eine Gesamteinschätzung von Leistung und Befähigung operabel gemacht. Ein derartiges auf ausgewählte Potenzialkriterien begrenztes Vorgehen führte weder zu einer in der Beurteilungsrichtlinie nicht vorgesehenen Gesamtnote noch wären darin Vorgaben darüber enthalten, in welchem Verhältnis Leistung und Befähigung von der Antragsgegnerin für die Bewerberauswahl für die konkret zu besetzenden Stelle gesehen und berücksichtigt werden sollen. Auch eine andere Methode der Berücksichtigung von Leistung und Potential bei der Bewerberauswahl, die zu einer erkennbaren Berücksichtigung der Befähigungen der Bewerber - zumindest bei signifikanten Differenzen zwischen ihren Potenzial- und Leistungseinschätzungen - führt, wäre bei gleichmäßiger Anwendung aus Rechtsgründen nicht ausgeschlossen.
Angesichts der vorliegend feststellbaren Differenzen zwischen Leistungs- und Potenzialrang einer Vielzahl von Bewerbern ist bei der rechtlich gebotenen Auswahl unter Berücksichtigung der Potenzialeinschätzung der Bewerber eine andere Reihung möglich, als sie dem Auswahlverfahren der Antragsgegnerin konkret zugrunde gelegt wurde. Damit stellt sich das Auswahlverfahren insgesamt als fehlerhaft dar. Dies kann der Antragsteller zur Wahrung seines Bewerberverfahrensanspruches mit Erfolg rügen. Denn bei einer Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Grundsätze hätte der Antragsteller eine Chance, einen der begehrten Beförderungsposten zu erlangen. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass angesichts der erheblichen Differenzen zwischen Potenzial- und Leistungsrang beim Antragsteller sich sein Rang im Rahmen eines neuen Auswahlverfahrens derart verbessert, dass er entweder aufgrund seiner Gesamtbeurteilung oder zumindest in einem erneut durchgeführten Auswahlverfahren einen der begehrten Beförderungsposten erlangt. Sein Abschneiden im abgelaufenen Auswahlverfahren steht dem nicht entgegen. Zum einen hat die Antragsgegnerin das Auftreten des Antragstellers im Vorstellungsgespräch als "gerade noch anforderungsgemäß" bewertet. Zum anderen stellen derartige Auswahlgespräche stets eine Momentaufnahme dar, deren Ergebnis auch von einer Reihe von Zufälligkeiten, wie z. B. der Tagesform des Bewerbers und der Mitbewerber abhängt. Eine Auswahl des Antragstellers erscheint daher durchaus als möglich.
Nichts anderes gilt, wenn die Antragsgegnerin die Bewerberauswahl aufgrund der vorhandenen Ausschreibung aus sachlichen Gründen abbrechen sollte. Angesichts der verstrichenen Zeit seit Beginn des Auswahlverfahrens und angesichts der mit der neuen Beurteilungsrichtlinie inzwischen gewonnenen zusätzlichen Erfahrungen erschiene es nicht sachwidrig, wenn die Antragsgegnerin der Bewerberauswahl neue Anlassbeurteilungen zugrundelegen wollte und die im Herbst 2007 erstellten Anlassbeurteilungen für inzwischen überholt ansähe. Auch der Umstand, dass einige der aussichtsreichen Bewerber wegen nicht hinreichender Erfahrungen als Dienstgruppenleiter bei der Auswahlentscheidung im Dezember 2007 von der weiteren Berücksichtigung ausgenommen worden sind, inzwischen aber hinreichende Erfahrungen gesammelt haben könnten, könnte von der Antragsgegnerin als weiterer sachlicher Grund für einen Abbruch des bisherigen Auswahlverfahrens und eine erneute Ausschreibung angeführt werden. Bei einer Neuausschreibung der noch zu besetzenden Beförderungsstellen bestünden keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Antragsteller keine hinreichende Chance auf erfolgreiche Bewerbung hat.
4. Stellt sich nach dem oben unter 3. Ausgeführten das gesamte Auswahlverfahren der Antragsgegnerin als fehlerhaft dar, können die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 38, 40 und 41 im Ergebnis keinen Erfolg haben, ohne dass es darauf ankommt, ob die Begründungen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Angriffen der Beschwerden standhalten.
III.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Quote für die Kostenverteilung des Verfahrens in erster Instanz ergibt sich daraus, dass der Antragsteller im Ergebnis nur hinsichtlich 15 von 57 beigeladenen Konkurrenten obsiegt hat, ansonsten keinen Erfolg hatte. Soweit die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben, entspricht es der Billigkeit das sie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens selber tragen. Der Streitwert bemisst nach § 52 Abs. 5 Satz 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. GKG. Der Streitwert erhöht sich nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin in einer Ausschreibung mehrere Stellen zusammengefasst hat.
Ende der Entscheidung
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